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Watfischen am Gebirgsbach im Frühjahr

von Sascha Urweider mit fachlicher Unterstützung von Matthias Meyer

Im Kanton Bern beginnt die Bachfischerei auf Forellen an den Patentgewässern bereits am 16. März. Zu dieser doch recht frühen Zeit befinden sich die höher gelegenen Gebirgsbäche noch im Schnee.
In den Gebirgsgewässern ist auf Grund der kalten Wassertemperaturen und dem geringen Nahrungsangebot die Entwicklung der Fische – im Vergleich zu einem Fluss der Voralpen – deutlich verlangsamt. D.h. eine mehrjährige, geschlechtsreife Bachforelle kann in einem Gebirgsbach gerade mal 15 cm gross sein. Die Tiefe der Laichgrube ist unter anderem von der Grösse des Forellenweibchens abhängig.
Einer kleinwüchsigen Bachforelle fällt es deutlich schwerer, eine tiefe Laichgrube zu schlagen. In der Regel befinden sich ihre Eier weniger als 10 cm im Substrat vergraben. Hingegen gelingt es einer gUrweider_Watschuh_1rossen Seeforelle die Eier bis zu 40 cm tief im schützenden Grobkies einzubringen. In gut durchströmten Kiesbänken, mit geringen Anteilen an Feinsedimenten sind tiefer eingegrabene Forelleneier besser gegen äußere Einflussfaktoren, wie z.B. Winterhochwasser geschützt.
Der Schlupfzeitpunkt der jungen Forellen ist abhängig von der vorherrschenden Wassertemperatur. Dieser definiert sich aus der Addition von sogenannten Tagesgraden. Werden nach der Befruchtung der Bachforelleneier ca. 420 Tagesgrade ermittelt, so ist der Schlupfzeitpunkt erreicht. In einem sehr kalten Winter können sich sogar noch im Mai Forelleneier im Substrat befinden. Sind die jungen Forellen geschlüpft, verbleiben sie noch einige Wochen im Kieslückensystem bis ihr Dottersack aufgebraucht ist. Erst jetzt erblicken sie das Tageslicht und werden mit der Strömung des Baches in seichte, strömungsarme Bereiche verdriftet, die ihnen in den nächsten Wochen als Standplatz dienen werden. Nun beginnt das grosse Fressen und die natürliche Selektion. Mit zunehmender Grösse werden sie ihr Revier ausweiten und in die Pools verlagern.

Eine funktionierende Naturverlaichung kann nichts kompensieren und sie garantiert einen gesunden Bachforellenbestand, der durch Selektion nur die am besten angepassten Forellen heranwachsen lässt.
Aus diesem Grund ist es sinnvoll alle Fischer, die im Frühjahr am Gebirgsbach unterwegs sind, diesbezüglich zu sensibilisieren. Denn die im Spätherbst geschlagenen Laichgruben sind im März oftmals nicht mehr als solche erkennbar!
Um negative Einflussfaktoren durch uns Fischer auf die natürliche Reproduktion der Forellen auszuschliessen, sollte man im Frühjahr auf die Watfischerei im Gebirgsbach verzichten oder diese auf das Nötigste beschränken. Meist befindet sich die strategisch beste Wurfposition am Poolauslauf.
Im Spätherbst waren auf dessen flachüberströmten Kiesbänken die attraktivsten Laichareale für die Forellen und im Frühjahr befindet sich im Kieslückensystem die nächste Generation der Bachforellen.
Falls das Waten unumgänglich wird, sollte man darauf achten, das Gewässer möglichst nur auf den grösseren Steinen zu überqueren und nicht auf den Kiesbänken.
Im Zweifelsfall sollte man auf die optimale Wurfposition verzichten.
Die flachgründigen Bachforelleneier und Dottersackbrütlinge im Kieslückensystem werden es Ihnen danken.
Und vielleicht sieht man sie dann als stattliche, naturgewachsene Gebirgsbachforelle in einigen Jahren wieder.

meyer_614kleinFlachgründig laichende Bachforellen im Gebirgsbach

 

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