Frühlingshafte Temperaturen kommen im April noch nicht auf. Dennoch ist der Drang ans Wasser zu kommen zu groß, um ihm zu widerstehen. Doch wohin könnte man bei niedrigen Temperaturen gehen. Kleinere Gewässer sind noch von hohen Schneemassen bedeckt und unbefischbar und so entscheiden wir, mein Bruder und ich, uns an ein bayrisches Juwel zu gehen. Kurzerhand im Gasthaus angerufen, sind wir schon am darauffolgenden Wochenende am Wasser. Unser Ziel ist die weiße Traun in Eisenärzt.
Bei knapp 4-6°C ziehen wir uns dick an und kommen am Morgen in Eisenärzt an, wo uns die Familie Weiß bereits erwartet. Nach einer herzlichen Begrüßung verstauen wir unser Gepäck auf den Zimmern und holen uns den Erlaubnisschein für die obere Strecke der weißen Traun.
Durch diese in meinen Augen sinnige Untergliederung lastet weniger Befischungsdruck auf den Gewässerabschnitten und man kann sich frei am Wasser bewegen ohne jemanden auf die Füße zu treten. Unsere Angelkarten in der Hand, machen wir uns auf um zum Fischen zu kommen, können aber nicht, ohne einen Blick von der Brücke zu machen, losgehen. Typischerweise stehen hier einige Großforellen von 50cm und mehr. Wegen der hohen Touristenanzahl sind diese wohlgenährt.
Wir begeben uns an den oberen Abschnitt um am Einlauf der Urschlauer Achen zu fischen. Durch die letzte Staustufe hat sich ein tiefer Gumpen gebildet, der einen hohen Fischbestand aufweist. Von links ragt ein Baum über den Gumpen, der das Wurffeld geringfügig schmälert. Auf der rechten Seite hat sich eine Kiesbank gebildet, die den Ausfluss des Gumpens verkleinert und dadurch den Druck des Abflusses erhöht. Unterhalb der über das Wasser hängenden Äste steht eine Forelle knapp unterhalb der Wasseroberfläche, die man immer wieder nach links oder rechts vorstoßen sieht. Mein Bruder versucht den Fisch mit einer Nassfliege zu überlisten und wirft den Fisch gekonnt mit Underhand Cast an. Die Regenbogenforelle nimmt die Nassfliege, flieht allerdings unter einen Unterstand, selbst ein Sprung ins Wasser kann das nicht vorhersehbare mehr verhindern. Der Fisch reist sich los und die Nassfliege kommt ohne Fisch an die Oberfläche. Sein Vorfach begutachtend war der Verlust nochmal Glück im Unglück. Der Unterstand war relativ scharfkantig, da das Vorfach extrem aufgeraut war.
Gegen Mittag kehren wir an einer Gaststätte am Wegesrand ein und genießen bayrische Spezialitäten entlang des Mühlbaches der weißen Traun. Frisch gestärkt stellen wir uns den Herausforderungen der Saiblinge und Forellen des Nebenarmes. Gezielt können wir verschiedene Fische anwerfen und sie bei der Nahrungsaufnahme beobachten. Gegen Nachmittag zieht es uns wieder an die weiße Traun.
Am zweiten Morgen befischen wir die Hausstrecke, gleich unterhalb des Gasthauses. Als erstes gingen wir hier zur oberen Grenze des Abschnittes, die in kurzer Distanz zum Forellenhof liegt. Auf der linken Seite mündet ein Mühlbach in die weiße Traun. An dieser Stelle standen einige gute Fische. Jedoch stach einer aus der Masse heraus. Während die anderen Forellen rund 30-40 cm hatten schwimmt ein Koloss unter ihnen. Dieser stand auf der anderen Uferseite in einem schnellen Bereich. Durch seine Position an der Kante zum Schnellwasserbereich muss ich besonders die Strömung im Auge behalten, die ersten beiden Würfe gingen unbemerkt an der Forelle vorbei, entweder waren sie zu schnell vorbei, dass die Fliege nicht die tiefer stehende Ziel erreichte oder war im langsameren Wasser nicht interessant genug. Der nächste Wurf ist sehr vielversprechend, die Forelle sieht die Fliege, schwimmt sie an, dreht aber kurz vorher ab. Das Zeichen erkannt wechsele ich auf ein anders Muster und kann die Regenbogenforelle damit überlisten. Durch die Körpergröße, Kraft und Strömung kann ich den Fisch trotz meiner steifen Sechser nicht halten und der Fisch flüchtet erstmal 20m flussabwärts, ich versuche so hoch wie möglich zu kommen, damit sich die Schnur nicht in den Steinen im Flussbett verfängt. Nach kurzer Zeit bringe ich die Forelle auf meine Uferseite in den ruhigeren Bereichen, ein, zwei kurze Fluchtversuche später packe ich das Monster an der Schwanzwurzel. Meine Hand kann ich dabei nicht komplett schließen! Vor mir liegt eine Regenbogenforelle im Wasser von mehr als 70cm….
Ein wahrlich mehr als perfekter Start in den Tag. Weiter flussabwärts gelingt es meinem Bruder und mir, Bach- und Regenbogenforellen auszumachen und einige davon mit der Trocken- und Nassfliege zu überlisten. Gegen Mittag gehen wir wieder an die Gaststätte um uns für den weiteren Tag zu stärken. Nach einem leckeren Mittagessen geht es wieder ans Gewässer und wir fischen die restliche Strecke des Hausabschnittes weiter ab. Wir stehen gemeinsam auf einer Kiesbank, während in 10m Entfernung im Wasser ein großer Findling eine Strömungsverwirbelung bildet. Im Wasser ist ein weiterer länglicher Stein angeordnet, als dann von der gegenüberliegenden Uferseite ein Fisch Richtung Findling schwimmt bewegt sich der vermeintliche Stein und verscheucht den kleineren Fisch. Aus der Distanz würde ich den Fisch mit 80cm schätzen, wie jedoch jeder Fliegenfischer weiß, ist die Schätzung aus kurzem Winkel und schnellen Wasser nicht besonders genau. Was ich jedoch weiß ist, dass der Fisch eine Bachforelle ist. Ich lasse meinem Bruder den Vortritt, diverse Versuchen bleiben von der Forelle unbemerkt, als mein Bruder auf eine kleine Nymphe wechselt stellt sich der Erfolg ein und man sieht aus Entfernung nur, wie die Bachforelle ihr weißes Maul öffnet. Als mein Bruder den Kontakt zum Fisch sucht versucht sich dieser schon loszureisen und flieht. Frank hastet dem Fisch hinterher, leider ohne Erfolg nach kurzer Zeit ist kein Druck mehr auf der Schnur und Frank holt die Schnur ein. Der aufgebogene Hakenbogen hinderte meinen Bruder an diesen tollen Fang.
Auch dieser Tag neigt sich dem Ende zu, auf der Wasseroberfläche sind jetzt bereits die ersten Insekten zu sehen, der Winter verliert die letzten Gefechte mit dem Frühling und man findet erste Knospen am Gewässerrand. Eine fantastische Saisoneröffnung im herrlichen oberbayrischen Land geht zu Ende, eine tolle Zeit mit meinem Bruder am Wasser mit kraftschöpfenden Naturerlebnissen. Trotz kleinerer und größerer Rückschläge blicken wir auf einen weiteren herrlichen Tag an einem der Topgewässer der Alpen und Deutschland zurück. Im letzten Sonnenlicht verlassen wir das Gewässerbett und machen uns auf den Heimweg nach zwei fantastischen Angeltagen.
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